Die Stücke
Johannes Brahms´ berühmtes Oratorium „Ein deutsches
Requiem“ gehört seit seiner Uraufführung im Jahr 1868 in Bremen zu
den beliebtesten Stücken der Chorsinfonik. Ein der Gründe für diesen
ungebrochenen Erfolg über 150 Jahre hinweg ist sicherlich die Art
und Weise, wie Brahms mit der überlieferten Form „Requiem“ und den
von ihm vertonten Texten umgeht. Der Formtitel „Requiem“ dient
Brahms dabei nurmehr als Anknüpfungspunkt an die großen
Vorläuferwerke in der Tradition der Totenmessen von Mozart,
Cherubini u.a., das Werk selber ist aber losgelöst von jeglicher
liturgischen Bindung oder kirchlichen Tradition. Am ehesten ähnelt
es den „Musikalischen Exequien“ von Heinrich Schütz aus dem Jahr
1636, in denen ähnlich der Brahmsschen Vorgehensweise, frei
zusammengestellte Bibeltextstellen Grundlage einer zyklischen
Komposition wurden. Dieses Stück dürft Brahms allerdings kaum
gekannt haben, insofern schuf er aus einer sich individuell
emanzipierten spirituellen Haltung etwas vollkommen Neues: eine
individuelle, künstlerische Auseinandersetzung mit den menschlichen
Grundthemen Tod, Verlust, Schmerz und Trauer. Als Folie für diese
Auseinandersetzung dienten dem Bibelfest lutherisch erzogenen
Hamburger Hanseaten Brahms Texte aus der Bibel, vor allem aus dem
Buch der Psalmen und den Apostelbriefen. Brahms las dabei die Bibel
vollkommen frei von überlieferten kirchlichen Zuweisungen als
Lebenshilfebuch, fast wie ein Buddhist. Diese Art und Weise mit
biblischen Texten umzugehen ist enorm modern und entspricht der
Herangehensweise vieler heutiger Menschen in einer Zeit, in der
religiöse Interkulturalität eine Faktum geworden ist, an Texte aus
den verschiedensten religiösen Traditionen, um für das eigene Leben
an den entscheidenden Punkten – wie den Fragen über Leben und Tod –
spirituelle Einsichten gewinnen zu können.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ein_deutsches_Requiem
https://schulmusik-online.de/anlagen/swr/BRAHMS__Requiem.pdf
So erscheint es konsequent das Brahmssche Requiem mit
Werken in Zusammenhang zu setzen, die eben diese moderne Denkungsart
widerzuspiegeln vermögen.
Der
britische-schwedische Komponist mit baltisch-deutschen Wurzeln
Gustav (von) Holst (1874-1934) gehört zu den interessantesten und
produktivsten Persönlichkeiten seiner Generation. Bekannt und bis
heute extrem populär wurde er vor allem durch seine Orchestersuite
„The planets“, die bspw. die Blaupause zu einer großen Menge
zeitgenössischer Filmmusik wie u.a. John Williams´ „Star Wars“-Musik
lieferte. Seit 1895 beschäftigte Holst sich mit dem Hinduismus und
Sanskrit Literatur. Über mehrere Jahrzehnte beschäftigte er sich mit
den Texten der hinduistischen „Rig Veda“ aus der er in vier Gruppen
Chorwerke mit unterschiedlichsten Besetzungen schuf. Zwei Werke aus
der ersten Gruppe op.26 Nr.1 aus den Jahren 1908-1910, die Chöre „To
the Unknown God – Dem unbekannten Gott“ und „Funeral Hymn –
Begräbnisgesang“ sind Teil des Konzeptes, das Brahms-Requiem in
einen supra-konfessionellen und Religionen übergreifenden
Zusammenhang zu bringen. Zudem erklingt noch Holsts Hymnadaption
„Let all mortal flesh“ op. 36.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Holst
Der
dritte Aspekt dieser Serie ist die Auseinandersetzung mit der Kultur
des Orients. Eine wichtige kulturelle Adaption in die westliche
Kultur lieferte der libanesisch-amerikanischer Maler,
Philosoph
und Dichter
Khalil Gibran (1883 – 1931). Sein philosophisches Buch „Der Prophet“
aus dem Jahr 1923 erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Der
Komponist Ansgar Kreutz arbeitet an einem Projekt, die Texte des
Buches in Hörstücken für Sprecher, Chor und Instrumente zu
musikalisieren. Als Uraufführung erklingt als Teil des Konzertes das
Hörstück „Vom Schmerz“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Khalil_Gibran
Zur Bearbeitung des Instrumentalsatzes des Brahms-Requiems
Schon bislang ist das Oratorium neben der Orchesterfassung
in mehreren Versionen vorhanden, so neben weiteren reinen
Instrumentalversionen in diesen, in denen die Vokalpartien jeweils
unverändert geblieben ist:
·
Klavierauszug (zu zwei Händen)
von Johannes Brahms
·
Klavier zu vier Händen - Johannes Brahms 1871
(Londoner Fassung)
·
2 Klavier und Pauken - Heinrich Poos,
·
Klavier, Harmonium, Harfe, Pauken - Christian
Windhorst 2011
·
Orgel allein - Andrew Raiskums 2006
·
Orgel und Pauken - Willibald Guggenmoos 2014
·
Kammerensemble – Joachim Linckelmann (2010)
· Kammerorchester - Ingo Schulz 2010 http://www.emmaus.de/ma/noten/Brahms_Requiem/index.html
Weswegen war es notwendig, eine weitere Bearbeitung zu
erstellen?
Die bisherigen Anlass für reduzierende Bearbeitungen ist
einerseits das Problem, dass die Orchesterbesetzung mit ca. 60
Musikern eine Chorbesetzung von 200 Sängern und mehr erfordert und
andererseits die Tatsache, dass die Kosten für eine großen
Orchester-besetzung für die Veranstalter oftmals nur schwer zu
finanzieren sind.
Die bisherigen Bearbeitungen für
Kammerorchesterbesetzungen, legen, um eine Ausgewogenheit mit
deutlich kleineren Chorbesetzungen von ca. 25-50 Personen zu
erzielen, Wert auf physische Reduktion, was manchmal Probleme in der
Klanglichkeit dergestalt mit sich bringt, dass dadurch die Fülle des
typischen Brahms´schen Orchesterklanges verloren geht. Der englische
Komponist John Rutter hat in den Kammerorchesterversionen seiner
eigenen großen Werke einen Weg gewiesen, durch den Einsatz der Orgel
und der Harfe diese Fülle wieder zurück gewinnen zu können. Diesen
Weg bin auch ich bei meiner neuen Bearbeitung, die heute erstmals zu
hören sein wird, gegangen. Die räumliche Situation der Coesfelder
Jakobikirche mit ihrer zweigeteilten Orgelanlage und den
symphonischen Qualitäten des Instruments bietet sich in besonderer
Weise hierfür an. Die Kunst der Bearbeitung besteht darin, die Waage
zu halten zwischen den Notwendigkeiten der Veränderung einerseits
und dem Respekt vor der originalen Instrumentierung andererseits.
Während für die Bearbeitung des Requiems die Partitur zur
Verfügung stand, waren mir für die drei Stücke von Holst nur der
Klavierauszug und Aufnahmen der beiden ersten Stücke zugänglich.
Wegen der philosophischen Tiefe der beiden Rig-Veda-Chöre, habe ich
mich für eine deutschsprachige Fassung entschieden, um einen
direkteren emotionalen Zugang zu den Stücken schaffen zu können.
Ansgar Kreutz November 2016
Ein paar Bemerkungen zum Brahms-Arrangement. Für die
Orchestrierung wurde die übliche Ausgabe des Stückes von Eusebius
Mandyczewski – einem der wenigen Schüler Brahms´- aus dem Jahr 1926
zugrunde gelegt.
Die Bläserpartien wurden von 20 Stimmen auf 7 reduziert,
dementsprechend gibt hier viele Änderungen.
Ich habe darauf geachtet, dass aus einem acht- bis
zehnstimmigen Holzbläsersatz, ein vierstimmiger in der Weise wurde,
dass viele Oktavierungen von Oboe und Flöte einerseits erhalten
blieben und zum andern möglichst die komplette Akkordstruktur auch
im Bläsersatz abgebildet wurde.
Der Blechbläsersatz besteht bei Brahms im Original aus 4
Hörnern, 2 Trompeten, 3 Posaunen und Tuba. Der Satz wurde auf drei
Instrumente reduziert, wobei die Trompetenstimme auch Passagen für
Flügelhorn, ein Trompeteninstrument, mit einem weicheren, Horn
ähnlichem Klang enthält, wodurch es möglich war, viele der typischen
Hornduette auch in dieser Besetzung adäquat abzubilden.
Die Paukenstimme ist identisch mit der der
Originalinstrumentierung.
Die Streicherstimmen entsprechen zum größten Teil dem
Original, größere Veränderungen waren vor allem in den ersten beiden
Sätzen notwendig.
Die stärksten Veränderungen gab es in den Sätzen 1 und 2,
in denen die Originalfassung dreifach gesteilte Bratschen und Celli,
geteilte Kontrabässe usw. verlangt , was mit einfach besetzten
Streichern natürlich nicht machbar ist.
Besonders hier wurde der Orgelsatz zur Erreichung der
klanglichen Fülle mit herangezogen.
Harfe und Orgel ergänzen und konturieren den Satz und
bringen so wesentlich die klangliche Brahms´sche Fülle hervor.
Die Harfenstimme ist wesentlich erweitert worden, sie
unterstützt in der Regel die Harmonie der Streicher und hat durch
die Möglichkeit des Percussiven ein wesentliches Element zur
Etablierung der rhythmischen Gesamtgestalt.
Die Paukenstimme in Brahms entspricht der Originalstimme
ohne Veränderungen.
Die Dynamik in den beiden Fugen an den Enden der Sätze 3
und 6 habe ich wesentlich ergänzt.
Siehe hierzu folgende Links:
http://imslp.org/wiki/Ein_deutsches_Requiem,_Op.45_(Brahms,_Johannes)
(Originale Orchesterversion)
http://www3.cpdl.org/wiki/index.php/Ein_deutsches_Requiem,_Op._45_(Johannes_Brahms)
(Links zu verschiedenen Versionen)
https://de.wikipedia.org/wiki/Ein_deutsches_Requiem
(Abschnitt Berabeitungen)