Brahms Requiem 2016


Die Stücke

Johannes Brahms´ berühmtes Oratorium „Ein deutsches Requiem“ gehört seit seiner Uraufführung im Jahr 1868 in Bremen zu den beliebtesten Stücken der Chorsinfonik. Ein der Gründe für diesen ungebrochenen Erfolg über 150 Jahre hinweg ist sicherlich die Art und Weise, wie Brahms mit der überlieferten Form „Requiem“ und den von ihm vertonten Texten umgeht. Der Formtitel „Requiem“ dient Brahms dabei nurmehr als Anknüpfungspunkt an die großen Vorläuferwerke in der Tradition der Totenmessen von Mozart, Cherubini u.a., das Werk selber ist aber losgelöst von jeglicher liturgischen Bindung oder kirchlichen Tradition. Am ehesten ähnelt es den „Musikalischen Exequien“ von Heinrich Schütz aus dem Jahr 1636, in denen ähnlich der Brahmsschen Vorgehensweise, frei zusammengestellte Bibeltextstellen Grundlage einer zyklischen Komposition wurden. Dieses Stück dürft Brahms allerdings kaum gekannt haben, insofern schuf er aus einer sich individuell emanzipierten spirituellen Haltung etwas vollkommen Neues: eine individuelle, künstlerische Auseinandersetzung mit den menschlichen Grundthemen Tod, Verlust, Schmerz und Trauer. Als Folie für diese Auseinandersetzung dienten dem Bibelfest lutherisch erzogenen Hamburger Hanseaten Brahms Texte aus der Bibel, vor allem aus dem Buch der Psalmen und den Apostelbriefen. Brahms las dabei die Bibel vollkommen frei von überlieferten kirchlichen Zuweisungen als Lebenshilfebuch, fast wie ein Buddhist. Diese Art und Weise mit biblischen Texten umzugehen ist enorm modern und entspricht der Herangehensweise vieler heutiger Menschen in einer Zeit, in der religiöse Interkulturalität eine Faktum geworden ist, an Texte aus den verschiedensten religiösen Traditionen, um für das eigene Leben an den entscheidenden Punkten – wie den Fragen über Leben und Tod – spirituelle Einsichten gewinnen zu können.

https://de.wikipedia.org/wiki/Ein_deutsches_Requiem

https://schulmusik-online.de/anlagen/swr/BRAHMS__Requiem.pdf

So erscheint es konsequent das Brahmssche Requiem mit Werken in Zusammenhang zu setzen, die eben diese moderne Denkungsart widerzuspiegeln vermögen.

Der britische-schwedische Komponist mit baltisch-deutschen Wurzeln Gustav (von) Holst (1874-1934) gehört zu den interessantesten und produktivsten Persönlichkeiten seiner Generation. Bekannt und bis heute extrem populär wurde er vor allem durch seine Orchestersuite „The planets“, die bspw. die Blaupause zu einer großen Menge zeitgenössischer Filmmusik wie u.a. John Williams´ „Star Wars“-Musik lieferte. Seit 1895 beschäftigte Holst sich mit dem Hinduismus und Sanskrit Literatur. Über mehrere Jahrzehnte beschäftigte er sich mit den Texten der hinduistischen „Rig Veda“ aus der er in vier Gruppen Chorwerke mit unterschiedlichsten Besetzungen schuf. Zwei Werke aus der ersten Gruppe op.26 Nr.1 aus den Jahren 1908-1910, die Chöre „To the Unknown God – Dem unbekannten Gott“ und „Funeral Hymn – Begräbnisgesang“ sind Teil des Konzeptes, das Brahms-Requiem in einen supra-konfessionellen und Religionen übergreifenden Zusammenhang zu bringen. Zudem erklingt noch Holsts Hymnadaption „Let all mortal flesh“ op. 36.

https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Holst

http://www.gustavholst.info

Der dritte Aspekt dieser Serie ist die Auseinandersetzung mit der Kultur des Orients. Eine wichtige kulturelle Adaption in die westliche Kultur lieferte der libanesisch-amerikanischer Maler, Philosoph und Dichter Khalil Gibran (1883 – 1931). Sein philosophisches Buch „Der Prophet“ aus dem Jahr 1923 erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Der Komponist Ansgar Kreutz arbeitet an einem Projekt, die Texte des Buches in Hörstücken für Sprecher, Chor und Instrumente zu musikalisieren. Als Uraufführung erklingt als Teil des Konzertes das Hörstück „Vom Schmerz“.

https://de.wikipedia.org/wiki/Khalil_Gibran

http://4umi.com/gibran/

Zur Bearbeitung des Instrumentalsatzes des Brahms-Requiems

Schon bislang ist das Oratorium neben der Orchesterfassung in mehreren Versionen vorhanden, so neben weiteren reinen Instrumentalversionen in diesen, in denen die Vokalpartien jeweils unverändert geblieben ist:

 

·       Klavierauszug (zu zwei Händen) von Johannes Brahms

·       Klavier zu vier Händen - Johannes Brahms 1871 (Londoner Fassung)

·       2 Klavier und Pauken - Heinrich Poos,

·       Klavier, Harmonium, Harfe, Pauken - Christian Windhorst 2011

·       Orgel allein - Andrew Raiskums 2006

·       Orgel und Pauken - Willibald Guggenmoos 2014

·       Kammerensemble – Joachim Linckelmann (2010)

·       Kammerorchester - Ingo Schulz 2010 http://www.emmaus.de/ma/noten/Brahms_Requiem/index.html

Weswegen war es notwendig, eine weitere Bearbeitung zu erstellen?

Die bisherigen Anlass für reduzierende Bearbeitungen ist einerseits das Problem, dass die Orchesterbesetzung mit ca. 60 Musikern eine Chorbesetzung von 200 Sängern und mehr erfordert und andererseits die Tatsache, dass die Kosten für eine großen Orchester-besetzung für die Veranstalter oftmals nur schwer zu finanzieren sind.

Die bisherigen Bearbeitungen für Kammerorchesterbesetzungen, legen, um eine Ausgewogenheit mit deutlich kleineren Chorbesetzungen von ca. 25-50 Personen zu erzielen, Wert auf physische Reduktion, was manchmal Probleme in der Klanglichkeit dergestalt mit sich bringt, dass dadurch die Fülle des typischen Brahms´schen Orchesterklanges verloren geht. Der englische Komponist John Rutter hat in den Kammerorchesterversionen seiner eigenen großen Werke einen Weg gewiesen, durch den Einsatz der Orgel und der Harfe diese Fülle wieder zurück gewinnen zu können. Diesen Weg bin auch ich bei meiner neuen Bearbeitung, die heute erstmals zu hören sein wird, gegangen. Die räumliche Situation der Coesfelder Jakobikirche mit ihrer zweigeteilten Orgelanlage und den symphonischen Qualitäten des Instruments bietet sich in besonderer Weise hierfür an. Die Kunst der Bearbeitung besteht darin, die Waage zu halten zwischen den Notwendigkeiten der Veränderung einerseits und dem Respekt vor der originalen Instrumentierung andererseits.

Während für die Bearbeitung des Requiems die Partitur zur Verfügung stand, waren mir für die drei Stücke von Holst nur der Klavierauszug und Aufnahmen der beiden ersten Stücke zugänglich. Wegen der philosophischen Tiefe der beiden Rig-Veda-Chöre, habe ich mich für eine deutschsprachige Fassung entschieden, um einen direkteren emotionalen Zugang zu den Stücken schaffen zu können.

Ansgar Kreutz November 2016

Ein paar Bemerkungen zum Brahms-Arrangement. Für die Orchestrierung wurde die übliche Ausgabe des Stückes von Eusebius Mandyczewski – einem der wenigen Schüler Brahms´- aus dem Jahr 1926 zugrunde gelegt.

Die Bläserpartien wurden von 20 Stimmen auf 7 reduziert, dementsprechend gibt hier viele Änderungen. 

Ich habe darauf geachtet, dass aus einem acht- bis zehnstimmigen Holzbläsersatz, ein vierstimmiger in der Weise wurde, dass viele Oktavierungen von Oboe und Flöte einerseits erhalten blieben und zum andern möglichst die komplette Akkordstruktur auch im Bläsersatz abgebildet wurde.

Der Blechbläsersatz besteht bei Brahms im Original aus 4 Hörnern, 2 Trompeten, 3 Posaunen und Tuba. Der Satz wurde auf drei Instrumente reduziert, wobei die Trompetenstimme auch Passagen für Flügelhorn, ein Trompeteninstrument, mit einem weicheren, Horn ähnlichem Klang enthält, wodurch es möglich war, viele der typischen Hornduette auch in dieser Besetzung adäquat abzubilden.

Die Paukenstimme ist identisch mit der der Originalinstrumentierung.

Die Streicherstimmen entsprechen zum größten Teil dem Original, größere Veränderungen waren vor allem in den ersten beiden Sätzen notwendig. 

Die stärksten Veränderungen gab es in den Sätzen 1 und 2, in denen die Originalfassung dreifach gesteilte Bratschen und Celli, geteilte Kontrabässe usw. verlangt , was mit einfach besetzten Streichern natürlich nicht machbar ist.

Besonders hier wurde der Orgelsatz zur Erreichung der klanglichen Fülle mit herangezogen.

 Harfe und Orgel ergänzen und konturieren den Satz und bringen so wesentlich die klangliche Brahms´sche Fülle hervor.

Die Harfenstimme ist wesentlich erweitert worden, sie unterstützt in der Regel die Harmonie der Streicher und hat durch die Möglichkeit des Percussiven ein wesentliches Element zur Etablierung der rhythmischen Gesamtgestalt.

Die Paukenstimme in Brahms entspricht der Originalstimme ohne Veränderungen.

Die Dynamik in den beiden Fugen an den Enden der Sätze 3 und 6 habe ich wesentlich ergänzt.

 

Siehe hierzu folgende Links:

http://imslp.org/wiki/Ein_deutsches_Requiem,_Op.45_(Brahms,_Johannes)

(Originale Orchesterversion)

http://www3.cpdl.org/wiki/index.php/Ein_deutsches_Requiem,_Op._45_(Johannes_Brahms)

(Links zu verschiedenen Versionen)

https://de.wikipedia.org/wiki/Ein_deutsches_Requiem

(Abschnitt Berabeitungen)